Verwaltungsgerichtshof: Endgültiges Aus für Entschädigungsanträge

Zahlreiche Unternehmen mussten aufgrund der von der Bundesregierung verordneten Betretungsverbote ihre Geschäftsbetriebe geschlossen halten. Die Entschädigungsanträge der betroffenen Unternehmen wurden in erster Instanz von der jeweils zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde in aller Regel abgewiesen.

Während nach dem VfGH-Erkenntnis vom 14.07.2020 zu GZ G 202/2020, V 408/2020 aus juristischer Perspektive jedenfalls noch Argumentationsspielraum für das Bestehen eines Anspruchs auf Vergütung des Verdienstentgangs nach dem Epidemiegesetz bestand, wurde diese Lücke vom VwGH nunmehr – wenn auch juristisch nicht überzeugend – definitiv geschlossen.

1. Standpunkt des Verfassungsgerichtshofes

Im Erkenntnis vom 14.07.2020 zu G 202/2020, V 408/2020 befasste sich der VfGH ausschließlich mit der Frage, ob die durch Betretungsverbot des § 1 COVID-19-Maßnahmenverordnung-96 iVm § 1 COVID-19-Maßnahmengesetz bewirkte Eigentumsbeschränkung entschädigungslos vorgesehen werden kann oder ob den betroffenen Unternehmen von Verfassungs wegen ein Anspruch auf Entschädigung eingeräumt werden muss.

Der VfGH betonte zwar, dass das Betretungsverbot für Betriebsstätten eine faktische Betriebsschließung nach siehe ziehe, diese faktischen Betriebsschließungen seien aber in ein umfangreiches Maßnahmen- und Rettungspaket der Regierung (konkret werden etwa Corona-Kurzarbeit oder COVID-19-Hilfsfonds genannt) eingebettet, das gerade darauf abziele wirtschaftliche Nachteile abzumildern. Einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum konnte der VfGH nicht erkennen.

Der Umstand, dass im COVID-19-Maßnahmengesetz ein Entschädigungsanspruch fehle, während im Epidemiegesetz ein solcher vorgesehen ist, stelle nach Ansicht des VfGH zudem auch keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes dar. Die beiden Gesetze seien nicht miteinander vergleichbar. Der Gesetzgeber habe mit dem Epidemiegesetz lediglich die Schließung einzelner Betriebe vor Augen gehabt, nicht aber flächendeckende bzw. großräumige Betriebsschließungen, die das COVID-19-Maßnahmengesetz nach sich zog.

2. Unsere Argumentationslinie: Maßgebliche Unterscheidung zwischen Betriebsschließung und Betriebsbeschränkung

In § 4 Abs 3 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I Nr. 12/2020 idF BGBl Nr. 23/2020, wird ausdrücklich klargestellt, dass die Bestimmungen des Epidemiegesetzes unberührt bleiben.

4 Abs 2 COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I Nr. 12/2020 idF BGBl I Nr. 23/2020, wonach die Bestimmungen des Epidemiegesetzes im Rahmen des Anwendungsbereiches einer Verordnung nach § 1 COVID-19 Maßnahmengesetz nicht zur Anwendung kommen, bezieht sich gemäß dem Wortlaut nur auf die Schließung von Betriebsstätten, nicht jedoch auf die Beschränkung auf die Betriebsstätten.

Im Lichte des Legalitätsprinzips und dem damit im Zusammenhang stehenden Vorrang der Wortinterpretation sind die einschlägigen Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes unseres Erachtens dahingehend auszulegen, dass die Bestimmungen des Epidemiegesetzes – und hierbei insbesondere auch jene zum Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs nach §§ 32 f Epidemiegesetz – im Falle von Betriebsbeschränkungen sehr wohl zur Anwendung gelangen.

Der Begriff „Betriebsbeschränkung“ ist im Epidemiegesetz nicht definiert. Mangels Vorliegens einschlägiger Judikatur und Vorhandensein von Gesetzesmaterialien ist der Terminus zum Begriff „Betriebsschließung“ negativ abzugrenzen. Während eine Betriebsschließung dann vorliegt, wenn ein Unternehmen seine betriebliche Tätigkeit vollumfänglich einstellt, liegt eine Betriebsbeschränkung dann vor, wenn der Betrieb an sich nicht geschlossen ist, aber nicht mehr in seiner gewöhnlichen Art und Weise funktioniert bzw. wichtige, für seine Ausübung erforderlichen Faktoren, aufgrund der angeordneten Maßnahmen nicht mehr vorhanden sind.

In vielen Fällen verfügen die Unternehmen bereits über einen Online-Shop bzw. wurde ein solcher kurzfristig im Zuge des Lockdowns eingerichtet. Das heißt, es konnte nicht von einer (vollständigen) Betriebsschließung, sondern vielmehr von einer bloßen Betriebsbeschränkung gesprochen werden.

Da im Falle einer Betriebsbeschränkung unseres Erachtens die Bestimmungen des Epidemiegesetzes zur Gänze anwendbar bleiben, würden den betroffenen Unternehmen ein Anspruch auf Vergütung des Verdienstentgangs nach § 32 Epidemiegesetz zustehen.

 3. Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofes

Der VwGH führt in seinem Erkenntnis vom 25.02.2021 zu GZ Ra 2021/03/0018 dazu aus, dass die Verordnungen, mit denen die Betretungsverbote verhängt wurden, auf das COVID-19-Maßnahmengesetz und nicht auf § 20 Epidemiegesetz gestützt wurden. Dadurch, dass keine Maßnahme nach § 20 Epidemiegesetz getroffen wurde (insbesondere das Betretungsverbot nicht durch Bescheid verfügt wurde), stehe auch kein Anspruch auf Vergütung nach Verdienstentgang nach § 32 Epidemiegesetz zu. Der – auch in diesem Fall von der Revisionswerberin vorgebrachten – Unterscheidung zwischen Betriebsschließung einerseits und Betriebsbeschränkung andererseits miss der VwGH keine Bedeutung zu.

Auch wenn die Argumentation des VwGH aus rechtlicher Sicht nicht überzeugt, erscheinen weitere Rechtsmittel im Zusammenhang mit abweisenden Bescheiden erster Instanz und zurückweisenden Entscheidungen in zweiter Instanz wenig erfolgversprechend.

Sollten Sie weitergehende Informationen zu diesem Thema wünschen oder generell bei verwaltungs- oder verfassungsrechtlichen Themen Unterstützung benötigen steht Ihnen unsere Expertin Rechtsanwältin Mag. Verena Eibensteiner-Palmstorfer, LLB.oec jederzeit gerne zur Verfügung zur Verfügung.

 

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