Verschmelzung überschuldeter Gesellschaften zulässig – Sanierungsmöglichkeiten in Zeiten von Corona

Unsere Kanzlei hat ihre Rechtsmeinung vor dem OGH durchgesetzt, dass auch die Verschmelzung von überschuldeten Gesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist.

Diese Entscheidung eröffnet neue Möglichkeiten für Konzerne, die sich im Rahmen der Coronakrise neu strukturieren müssen. Hier finden Sie einen Überblick über den wesentlichen Inhalt der Entscheidung:

1. Sachverhalt

Wir durften eine konzerninterne Umstrukturierung begleiten. Dabei wurden mehrere Tochtergesellschaften up-stream auf ihre Muttergesellschaft verschmolzen. Zwei der Tochtergesellschaften wiesen zum Verschmelzungsstichtag ein negatives Eigenkapital auf. Die Muttergesellschaft hingegen verfügte über ein hoch positives Eigenkapital, das auch nach Durchführung der beiden Verschmelzungen noch im hoch positiven Bereich gelegen wäre.

Das Firmenbuchgericht verweigerte dennoch die Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch mit der Begründung, dass nur eine Gesellschaft mit positivem Verkehrswert verschmolzen werden könne. Andernfalls komme es zu einer Benachteiligung der Gläubiger der übernehmenden Gesellschaft. Aufgrund des negativen Eigenkapitals der Tochtergesellschaften sei im gegenständlichen Fall eine Eintragung daher nicht möglich.

2. Unsere Argumentation

Da eine eindeutige Rechtsprechung zu diesem Thema bisher fehlte, wandte sich unser Team in letzter Instanz an den Obersten Gerichtshof. Als Argument für die Zulässigkeit der Verschmelzung wurde insbesondere vorgebracht, dass es keinen Unterschied machen kann, ob die Tochtergesellschaften durch die Muttergesellschaft zuerst saniert und dann verschmolzen oder sogleich verschmolzen werden. Darüber hinaus wurde in der Lehre seit Langem weitgehend anerkannt, dass die Verschmelzung in solchen Fällen jedenfalls zulässig ist, solange die Muttergesellschaft nach der Verschmelzung nicht insolvenzgefährdet ist.

3. Entscheidung des OGH

Der OGH schloss sich in seiner Entscheidung (6 Ob 203/20a) unserer Rechtansicht und der herrschenden Lehre an. Die Verschmelzung einer Tochtergesellschaft mit negativem Buchwert auf eine positive Muttergesellschaft sei zulässig, insbesondere wenn das negative Eigenkapital der Tochtergesellschaft von der nicht gebundenen Kapitalrücklage und dem Bilanzgewinn bei der Muttergesellschaft abgedeckt werde. Dies war im gegenständlichen Fall gegeben. Darüber gab es auch keine Hinweise auf eine buchmäßige Überschuldung der Muttergesellschaft oder auf das Vorliegen eines Insolvenztatbestandes nach Durchführung der Verschmelzungen. Die Verschmelzungen waren im Ergebnis zulässig.

Wir halten daher zusammenfassend fest, was bei einer up-stream Verschmelzung einer Gesellschaft mit negativem Eigenkapital zu beachten ist:

  • Positives Eigenkapital der Muttergesellschaft nach Durchführung der Verschmelzung (Achtung: Beteiligungsansatz der Tochtergesellschaft ist in Abzug zu bringen!)
  • Im besten Fall Abdeckung des negativen Eigenkapitals der Tochtergesellschaft durch nicht gebundene Kapitalrücklagen und Bilanzgewinn der Muttergesellschaft
  • Keine buchmäßige Überschuldung der Muttergesellschaft nach Durchführung der Verschmelzung
  • Kein Insolvenztatbestand bei der Muttergesellschaft nach Durchführung der Verschmelzung

Unser Expertenteam unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung von Umgründungen und berät sowohl in steuerrechtlicher als auch in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht. Nähere Informationen zu unserem Team finden Sie hier.

 

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