Rechtliche Auswirkungen von COVID-19 auf Kunst-, Kultur- und Sportveranstaltungen

Während in manchen Bereichen des täglichen Lebens wieder Normalität einkehrt, werden sich die COVID-19-Maßnahmengesetze noch lange auf Kunst-, Kultur- und Sportveranstaltungen auswirken. Was kann ich als Unternehmer tun, um den Schaden möglichst gering zu halten? Welche Ansprüche habe ich als Verbraucher? Wir verschaffen Ihnen einen Kurzüberblick über Ihre rechtlichen Möglichkeiten.

1. Gesetzliche Vorgaben

Bisher galt ein generelles Betretungsverbot für öffentliche Orte bis einschließlich 30. April 2020 (Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes). Damit einhergehend war auch ein de facto Veranstaltungs- und Versammlungsverbot .

Laut der am späten Abend des 30. April 2020 kundgemachten Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (COVID-19-Lockerungsverordnung) sind Veranstaltungen mit mehr als 10 Personen weiterhin untersagt. Diese Verodnung gilt bis bis 30. Juni 2020. Bezüglich Großveranstaltungen wird laut den aktuellen Informationen angedacht, diese noch länger zu untersagen.

2. Vertragliche Vereinbarungen maßgeblich

Maßgeblich für die Beurteilung von rechtlichen Ansprüchen aufgrund der Absage von Veranstaltungen ist grundsätzlich die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Veranstalter und den Teilnehmern. Oft werden auch Allgemeine Geschäftsbedingungen zum Vertragsbestandteil gemacht. Eine abschließende rechtliche Beurteilung ist daher generell nur nach Prüfung der individuellen vertraglichen Vereinbarung möglich.

3. Anspruchsgrundlagen

3.1 Höhere Gewalt

Das österreichische Gesetz enthält keine Definition des Begriffes „höhere Gewalt“. Von höherer Gewalt wird in der Rechtsprechung grundsätzlich dann gesprochen, wenn ein unerwartetes und unvorhersehbares Ereignis eintritt, dass nicht in der Sphäre eines der Vertragspartner verursacht wurde. Im Fall der COVID-19-Pandemie und der damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen kann derzeit davon ausgegangen werden, dass diese einen Fall höherer Gewalt darstellen.

Nach der österreichischen Rechtlage gibt es keine generelle Regelung, wonach höhere Gewalt einen Vertragspartner von seiner Leistungsverpflichtung entbinden würde. Es ist somit der konkrete Vertrag zwischen Veranstalter und Teilnehmer dahingehend zu prüfen, ob eine Vertragsklausel den Fall höherer Gewalt regelt (sogenannte „Force-marjeure-Klauseln“). Darin kann insbesondere auch eine von der Rechtsprechung abweichende Definition für höhere Gewalt festgelegt sein.

Für Verträge, die keine derartigen Klauseln enthalten, gelten die sonstigen gesetzlichen Anspruchsgrundlagen.

3.2 Nachträgliche Unmöglichkeit

Wird die vertraglich vereinbarte Leistung (z.B. Abhaltung eines Konzerts) nachträglich unmöglich, ohne dass dies einer der Vertragspartner verschuldet hat, bewirkt dies nach dem österreichischen Recht den Wegfall des Vertrages.

Die aktuellen Einschränkungen durch COVID-19 können weder dem Veranstalter noch den Besuchern angelastet werde. Auch diese Fälle sind daher der nachträglichen Unmöglichkeit zuzuordnen. Der Wegfall des Vertrages bewirkt, dass die vereinbarten Leistungen nicht mehr erbracht werden müssen und bereits Geleistetes zurückgegeben werden muss.

Der Veranstalter ist somit grundsätzlich verpflichtet, das bereits geleistete Entgelt an den Veranstaltungsteilnehmer zurückzubezahlen. Durch neue gesetzliche Maßnahmen wurden diesbezüglich Erleichterungen für Veranstalter vorgesehen (siehe sogleich).

4. Neues Gesetz schützt Veranstalter

Mit dem Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, welches am 28. April 2020 im Nationalrat beschlossen wurde, werden gesetzliche Regelungen für die Rückerstattung von Eintritts- oder Teilnamegeldern für Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse durch den jeweiligen Veranstalter getroffen.

Anzuwenden ist dieses Bundesgesetz auf Rückzahlungspflichten für nach dem 13. März 2020 entfallene Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse oder für nach diesem Tag durchgeführte Schließungen von Kunst- oder Kultureinrichtungen.

Sofern der Veranstalter einem Teilnehmer das vereinbarte Entgelt zurückzubezahlen hat, kann er dies bis zu einem Betrag von EUR 70,00 nun auch in Form eines Gutscheins tun. Hat ein Ticket mehr als EUR 70,00 gekostet, haben die Veranstaltungsteilnehmer, ergänzend zum Gutschein, ein Anrecht auf eine Barerstattung des Differenzbetrags.

Wenn das zu erstattende Entgelt den Betrag von EUR 250,00 übersteigt, hat der Veranstalter dem Teilnehmer den Betrag von EUR 180,00 zurückzuzahlen. Hinsichtlich des übersteigenden Betrages kann der Veranstalter wiederum eine Erstattung in Gutscheinform vornehmen.

Für die Ausstellung, Übersendung oder Einlösung des Gutscheins dürfen dem Besucher oder Teilnehmer oder dem späteren Inhaber des Gutscheins keine Kosten angelastet werden.

Die ausgegebenen Gutscheine sollen zu einem späteren Zeitpunkt einlösbar sein und können auch übertragen werden. Erst nach dem 31. Dezember 2022 wird, im Falle einer Nichteinlösung, eine Rückerstattung fällig.

5. Verschiebung von Veranstaltungen

 Viele Veranstalter versuchen derzeit ihre Verluste dadurch zu minimieren, dass die Veranstaltungen verschoben werden. Doch was sind die gesetzlichen Folgen von Verschiebungen?

Wird die vertragliche Leistung nicht zum vereinbarten Zeitpunkt erbracht, liegt grundsätzlich Verzug seitens des Veranstalters vor. In solchen Fällen – sogenannten objektiver Verzug, da dieser nicht durch den Veranstalter verschuldet ist – kann der Veranstaltungsteilnehmer nach dem österreichischen Gesetz wählen, ob er am Vertrags festhalten möchte oder unter Setzung einer Nachfrist vom Vertrag zurücktreten möchte.

Der Rücktritt vom Vertrag führt wiederum dazu, dass ein bereits geleisteter Ticketpreis an den Veranstaltungsteilnehmer zurückzubezahlen ist.

Bei einem Festhalten am Vertrag bleiben die Leistungsverpflichtungen beidseitig bestehen. Der Ticketpreis wird nicht rückerstattet und die Veranstaltung hat zu dem vereinbarten Ersatztermin stattzufinden.

6. Ersatz von Zusatzleistungen

Während bei Absagen von Veranstaltungen die Rechtslage bezüglich der Kaufpreisrückerstattung relativ eindeutig ist, stellt sich die Sachlage bei der Rückerstattung von Zusatzleistungen (z.B. Transportkosten, Übernachtungskosten) differenzierter dar.

Derzeit sind auch Hotels von den behördlichen Schließungen betroffen. Diesbezüglich gelten grundsätzlich die obigen Ausführungen zur nachträglichen Unmöglichkeit (Wegfall des Vertrags und Rückzahlungsverpflichtung). Doch wie ist die Rechtslage, wenn zwar das Hotel geöffnet ist, jedoch die Veranstaltung abgesagt wird?

Das Hotel ist in diesen Fällen zur Leistungserbringung bereit und der Veranstaltungsteilnehmer kann sein Zimmer auch ohne Teilnahme an der Veranstaltung in Anspruch nehmen. Es ist somit davon auszugehen, dass grundsätzlich keine Rückerstattungsverpflichtung des Unternehmers im Hinblick auf das bereits bezahlte Hotelzimmer besteht.

In solchen Fällen könnte – sofern es keine sonstigen sondergesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen dazu gibt – seitens des Veranstaltungsbesuchers noch mit dem sogenannten Wegfall der Geschäftsgrundlage argumentiert werden. Vertragsparteien gehen beim Abschluss eines Vertrages oft vom Bestand gewisser Umstände aus, ohne diese konkret in den Vertrag aufzunehmen. Kommt es zu unerwarteten Änderungen dieser Umstände, kann sich eine Vertragspartei als letztes Mittel auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage stützen. Dabei muss die Veränderung der Umstände so wesentlich sein, dass es einer Vertragspartei nicht mehr zumutbar ist, am Vertrag festzuhalten.

Nun könnte generell argumentiert werden, dass ein Festhalten an einer Hotelreservierung in Zeiten der Coronavirus-Pandemie nicht zumutbar ist. Die bisherige Rechtsprechung des OGH ist bezüglich der Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage jedoch sehr zurückhaltend.

Je deutlicher der Besuch der Veranstaltung zum Vertragsinhalt bzw. zur Voraussetzung für die Hotelzimmerbuchung gemacht worden ist, desto eher bestehen Chancen auf eine Rückerstattung der bereits geleisteten Beträge (z.B. pauschales Angebot).

Zu beachten ist jedenfalls immer die konkrete vertragliche Vereinbarung. Die rechtliche Beurteilung hängt hier stark vom konkreten Einzelfall ab.

Anfragen nehmen wir jederzeit telefonisch unter 0732/773702 oder per E-Mail an office@waitz-rechtsanwaelte.at entgegen.

 

Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zur allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit wird von Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH keine Haftung übernommen.