Allgemeine Informationen zum Insolvenzrecht im Zusammenhang mit COVID-19

Durch die unmittelbar auftretende „COVID-19-Krise“ sind sämtliche Unternehmen vor komplexe wirtschaftliche Herausforderungen gestellt. Es kommt derzeit zu massiven ökonomischen Schwierigkeiten. Diese reichen von Unterbrechungen der Lieferketten, wodurch Aufträge nicht mehr vereinbarungsgemäß abgewickelt werden können, bis hin zu wegbrechenden Absatzmärkten, wodurch drastische Umsatzeinbußen eintreten und haben zahlreiche Unternehmen aufgrund von Zahlungsverzögerungen Liquiditätsengpässe.

Zur Aufrechterhaltung bzw. Existenzwahrung des Betriebes hat die Geschäftsführung neben betriebswirtschaftlichen Maßnahmen auch die rechtlichen Umstände zu berücksichtigen, um entsprechende Haftungsfälle zu vermeiden. Gerade Start-Up-Unternehmen sind in der vorherrschenden Krise besonders gefährdet, da diese meistens durch ihre geringe Eigenkapitalquote solche Konjunktureinbrüche nicht auffangen können. Die „COVID-19-Krise“ kann sich aber auch auf gesunde Unternehmen mit durchaus hohem Eigenkapital auswirken, da hier vermutlich zwar eine gewisse Zeit überbrückt werden kann, aber der Einbruch der Umsätze nicht auf längere Zeit verkraftet werden kann.

1. Wann liegt eine Insolvenz vor?

Grundsätzlich ist ein Unternehmer bei Vorliegen der Insolvenzvoraussetzungen, nämlich Zahlungsunfähigkeit bzw. bei Gesellschaften Überschuldung, verpflichtet längstens innerhalb von 60 Tagen ein Insolvenzverfahren einzuleiten. Zahlungsunfähigkeit liegt dann vor, wenn das Unternehmen fällige Schulden binnen angemessener Frist nicht erfüllen kann. Sollten mehr als 5% der fälligen Schulden nicht begleichen werden können, ist Zahlungsunfähigkeit zu vermuten. Überschuldung ist dann gegeben, wenn die Schulden des Unternehmens größer sind als die Vermögenswerte.

2. Welche insolvenzrechtlichen Änderungen wurden im Rahmen der COVID-19 Maßnahmen vorgenommen?

2.1 Fristverlängerung

Mit dem am 23.03.2020 in Kraft tretenden Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 („2. COVID-19-Gesetz“) wurde bei auftreten einer Pandemie/Epidemie die Anmeldungsfrist zur Entlastung von Unternehmen auf 120 Tage verlängert.

Zu beachten ist jedoch, dass unverändert die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens unverzüglich nach Eintreten der Insolvenz zu beantragen ist. Eine Verletzung dieser Pflicht kann weitreichende Haftungsfolgen nach sich ziehen. Zudem ist diese 120-Tage Frist nur dann anwendbar, wenn die „Corona-Pandemie“ (zumindest teil)ursächlich für die Insolvenz ist.

2.2 Änderungen beim Verzug mit Sanierungsplanquoten

Gemäß §156a Abs 1 und 2 IO werden die Begünstigungen des Sanierungsplanes für diejenigen Gläubiger hinfällig, gegenüber welchen der Schuldner mit der Erfüllung des Sanierungsplans in Verzug gerät. Ein solcher Verzug ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens vierzehntägigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht gezahlt hat.

Mit dem 2. COVID-19-Gesetz wurde nunmehr geändert, dass eine schriftliche Mahnung einer nach dem 23.03.2020 fällig gewordenen Verbindlichkeit, zum Ablauf des 30.04.2020 abgesendet wird, nicht zum Verzug nach § 156a Abs 1 IO führt.

Kann der Schuldner aufgrund der Corona-Krise seine Sanierungsplanquoten nicht bezahlen, sollte durch diese Änderung verhindert werden, dass dieser bei Mahnungen durch Gläubiger wieder in die Insolvenz abgleitet. Fraglich ist, ob betroffene Unternehmen durch den sehr kurzen Zeitraum von dieser Regelung tatsächlich profitieren können.

Dadurch sollen Schuldner davor geschützt werden, dass sie in Folge der gegenwärtigen Krise Sanierungsplan-Quoten nicht bezahlen können und bei Mahnungen durch Gläubiger wieder in die Insolvenz rutschen. Ob dieser doch sehr enge Zeitkorridor den betroffenen Unternehmen tatsächlich hilft, wird sich zeigen.

2.3 Änderungen vom 06.04.2020

Mit dem am 03.04.2020 beschlossenen und am 06.04.2020 in Kraft getretenen 3. COVID-19-Gesetz ergaben sich nachfolgende insolvenzrechtliche Änderungen:

Damit Insolvenzverfahren zügig abgewickelt werden können, sollen diesbezügliche Fristen mehr unterbrochen werden können. Unterbrochene Fristen beginnen mit 06.04.2020 neu zu laufen. Das Gericht kann verfahrensrechtliche Fristen in Insolvenzverfahren, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten oder des Insolvenzverwalters mit Beschluss angemessen, höchstens um 90 Tage, verlängern.

Unternehmen müssen nunmehr beim Insolvenzgrund der Überschuldung vorerst keinen Antrag auf Insolvenzeröffnung mehr stellen,

  • wenn die Überschuldung nach 06.04.2020 und
  • zeitlich beschränkt bis zum Ablauf des 30.06.2020 eintritt.

Hinzukommend wird im selben Zeitraum auch eine Insolvenzeröffnung auf Antrag eines Gläubigers nur aufgrund einer vorliegenden Überschuldung ausgeschlossen, womit erreicht werden soll, dass Unternehmen, bei denen aufgrund der aktuellen Lage eine rechnerische Überschuldung eintritt und die gleichzeitig wegen der unsicheren Situation nicht in der Lage sind, eine zuverlässige Fortbestehensprognose zu erstellen, kein Insolvenzverfahren beantragen müssen.

Achtung: Diese Befreiung gilt nicht für den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit!

Wenn daher Unternehmen die Liquidität ausgeht, wird daher – trotz der bisherigen Änderungen – in vielen Fällen eine Insolvenzantragspflicht bestehen. Umso wichtiger ist, dass die in Aussicht gestellten Finanzhilfen sehr rasch bei den Unternehmen ankommen!

Ändert sich die Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners aufgrund von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, sodass er fällige Verbindlichkeiten des Zahlungsplans nicht erfüllen kann, so kann er vor Erhalt einer Mahnung oder binnen 14 Tagen nach Mahnung die Stundung der Verbindlichkeiten beantragen. Die Stundungsfrist darf jedoch neun Monate nicht übersteigen darf.

Zudem wurden bei zur Finanzierung der COVID-19-Kurzarbeitshilfe gewährten Überbrückungskrediten in der Zeit bis zum 30.06.2020 die Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung eingeschränkt. Voraussetzung ist, dass

  • für den Kredit keine Sicherheiten aus dem Vermögen des Kreditnehmers gewährt wurden und
  • dem Kreditgeber bei Kreditgewährung eine allenfalls vorliegende Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers nicht bekannt war.

Werden Gesellschaften bis 30.06.2020 kurzfristige (bis zu 120 Tage) Geldkredite aus dem Gesellschafterkreis gewährt, werden diese nicht in Eigenkapital umqualifiziert, womit den Gesellschafter erleichtert werden soll, dem Unternehmen kurzfristig Liquidität zukommen zu lassen.

3. Darf ein Unternehmen während der Insolvenzantragsfrist weitergeführt werden?

Unter der Voraussetzung, dass Sanierungsversuche ernsthaft betrieben werden und diese aussichtsreich erscheinen, kann ein Unternehmen während dieser 60 bzw. 120 Tage Frist weitergeführt werden. Wesentlich ist aber, dass auch in diesem Zeitraum alle Gläubiger gleichbehandelt werden müssen. Es ist unzulässig nur einzelne Geschäfts- oder Vertragspartner voll zu bezahlen. Gerade das Einräumen von entsprechenden Sicherheiten an ausgewählte Geschäftspartner kann gravierende wirtschaftsstrafrechtliche Folgen verursachen, wobei hier insbesondere das Delikt der grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen zu beachten ist.

4. Kann ein Unternehmen während eines bereits laufenden Insolvenzverfahren „Corona-Kurzarbeit“ beantragen?

Gemäß der „Bundesrichtline Kurzarbeitshilfe“ (KUA-COVID-19) des AMS vom 19.03.2020 ist die Kurzarbeitsbeihilfe dann vorzeitig beenden, wenn ein Unternehmen mit einer laufenden Kurzarbeit insolvent (Eröffnung des Konkurs- oder Sanierungsverfahrens) wird, da in einem solchen Fall das arbeitsmarktpolitische Ziel der Sicherung des Beschäftigtenstandes – auch im Falle der Unternehmensfortführung – nicht im vollen Umfang realisierbar sein wird.

In der Richtlinie existiert aber keine Regelung, wonach in einem bereits laufenden Insolvenzverfahren die Inanspruchnahme der (Corona-)Kurzarbeit ausgeschlossen wäre, weshalb man davon ausgehen kann, dass die (Corona-)Kurzarbeit auch in einem laufenden Insolvenzverfahren beansprucht werden kann.

Ihre Anfragen dazu nehmen wir jederzeit telefonisch unter 0732/773702 oder per E-Mail an office@waitz-rechtsanwaelte.at entgegen.

 

Disclaimer: Dieser Beitrag dient lediglich zur allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit wird von Waitz Haselbruner Rechtsanwälte GmbH keine Haftung übernommen.

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